WG179 – Briefentwurf an Alma Mahler
Toblach nach Berlin im Zug oder in Berlin, kurz nach oder am Montag, 7. oder Dienstag, 8. August 1911
Ich habe nicht gewußt,
daß es auf der Erde
eine so paradiesische
Innigkeit geben
kann wie die unsere.
Kein Engel trennte
geeinte Zwienatur
der innigen beiden.
Es kann ja nicht an-
ders werden, \meine Geliebte/, ich weiß
daß ich soviel Kraft
besitzen werde, Dich
mir für immer zu
erringen. Jeder Rest
an Zweifeln dieses
schmerzesreichen Jahres
haben diese Tage
für immer weggeschwemmt
Tobelbad war für mich
nur ein Frühlingsbote
dieses schrankenlos-unge-
trübten Glückes
Dieser vollendete
Wechsel von Musik u.
Liebe, von Geist und Körper \Leib/
jeder mit vollen
Händen schenkend was
er zu geben hatte
Für uns beide wol eine
Garantie für’s Leben
Die Mittelmäßigkeit
kann solche Sachen nicht
riskieren, sie ist niemals
außer sich ()
\Liebstes, schönstes, ewig junges/
mein Weib. Warum
übt dieses Wort einen
so unwiderstehlichen
Zauber auf mich aus?
Ich habe Deine
Kraft auf eine starke
Probe gestellt, die Du
glänzend bestandest.
_________
Der Abschied von
war entzückend lieb,
sie wollte mich garnicht
loslassen und als ich
ihr sagte, gieb der
noch einen lieben
Kuß von mir, gab
sie zur Antwort: ###
und wo ist er?
dann küßte sie
mich mit einer
Inbrunst, die an
Dich erinnerte
Der süße Duft
Deines Innersten
hat mich noch lange
begleitet
Mir ist keine
Nuance entgangen, auch
die Dir selbst nicht
mehr bewußt ist.
Apparat
Überlieferung
, , , , , , , .
Quellenbeschreibung
4 Bl. (4 b. S.) – Viertel eines Papierbogens.
Druck
Erstveröffentlichung.
Korrespondenzstellen
keine.
Datierung
Aus dem Inhalt dieses Briefentwurfs lässt sich schließen, dass er kurz nach WGs Aufenthalt in Toblach Anfang August 1911 entstanden sein muss. Wann genau WG an- und abreiste, lässt sich jedoch nicht eindeutig belegen. In AM96 vom 31. Juli heißt es Richte Dich für den 4–5. [August], in AM97 vom 11. August schrieb sie von 3 Tage[n], die WG in Toblach verbracht hatte. Wahrscheinlich reiste WG am 7. oder 8. August 1911 ab und verfasste diesen Entwurf kurz nach der Verabschiedung, vielleicht sogar noch im Zug von Toblach nach Berlin.
Themenkommentar
Übertragung/Mitarbeit
(Pia Schumacher)
Kein Engel […] beiden – Zitat aus dem zweiten Teil von , basierend auf Auszügen aus Zu den Textfassungen s. , S. 466–469.
Die Mittelmäßigkeit kann solche Sachen nicht riskieren, sie ist niemals außer sich (Delacroix) – zitiert aus dem von (, S. 72). Am 29. Juli 1911 hatte von ihrer eigenen Lektüre des Tagebuchs geschrieben und ihm vorgeschlagen, er solle es bei ihr in Toblach lesen, s. AM93.